Edward Grey vor dem Unterhaus

 

am 27. November 1911 (engl. Außenminister)

 

Nun lassen Sie mich dies sagen: die deutsche Stärke ist an sich schon (by itself) eine Gewähr dafür, daß kein anderes Land einen Streit mit Deutschland wünschen oder suchen wird. Das ist die eine Seite der Sache, auf die die Deutschen mit Recht stolz sein können, aber ich meine, die deutsche öffentliche Meinung sollte bedenken, daß die Sache ihre Kehrseite hat, und zwar: wenn eine Nation die größte Armee in der Welt besitzt und wenn sie eine sehr große Flotte hat und fortfährt, eine noch größere Flotte zu bauen, dann muß sie alles, was in ihren Kräften steht, tun, um den natürlichen Befürchtungen vorzubeugen, die sonst bei andern, die keine aggressiven Absichten gegen jene Macht haben, dahin entstehen würden, daß jene Macht mit ihrer Armee und Flotte aggressive Absichten gegen sie hege. Deutschland ist mit Recht stolz auf seine Stärke. Es baut eine große Flotte. Es ist gewiß natürlich und einleuchtend, daß das Anwachsen dieser Flotte Befürchtungen erwecken oder andere Nationen zum mindesten sehr empfänglich für Befürchtungen machen muß, die stark werdende Macht hege aggressive Pläne gegen sie. Ich glaube nicht an diese aggressiven Pläne. Ich möchte es nicht in diesem Sinn ausgelegt wissen, aber ich meine, man muß sich vergegenwärtigen, daß andere Nationen besorgt und empfindlich sein und nach irgendwelchen Anzeichen einer Aggression ausspähen werden. Alles, was wir oder die andern Nachbarn Deutschlands wünschen, ist, auf gleichem Fuß mit ihm zu leben.

Die Britischen Amtlichen Dokumente, Bd. 7/2, S. 1199