|
Der Staat muss einschreiten, um
fernerem Verderben zu wehren, damit der Strom des Pauperismus nicht
unaufhaltsam wachsend die gesegneten Augen des Vaterlandes
unheilbringend überschwemme ... Vom Staate verlangen wir, dass er nicht
allein gebietend, sondern auch helfend und fördernd einschreite.
Zunächst muss die Regierung mit aller Strenge das
Gesetz hinstellen und handhaben: dass durchaus keine Kinder vor zurückgelegter
Schulzeit in Fabriken angestellt werden dürfen. Den Eltern muss
unerbittlich das Recht genommen sein, ihre Kinder als Sklaven an die
Industrie zu verkaufen ... So wie die Sachen jetzt stehen, werden die
Kinder benutzt, um die Löhne der Erwachsenen zu drücken; lasst die Unmündigen
ausscheiden aus dem Kreise der Dienstbarkeit, und die Älteren finden
eine bessere Vergütung für die Arbeit ihrer Hände. Selbst gehöre ich
zu den Leitern der Industrie, allein vom Herzen verachte ich jede
Schaffung von Werten und Reichtümern, die auf Kosten der Menschenwürde,
auf Erniedrigung der arbeitenden Klassen begründet ist. Zweck der
Maschine ist, den Menschen der tierischen Dienstbarkeit zu entheben,
nicht ärgere Frone zu schaffen ...
Dann sorgt der Staat für einen Volksunterricht,
der ist, wie er sein soll, karge nicht mit der geistigen Saat, bestelle
das Feld nicht durch Fronden, und es wird ein neues Geschlecht aufblühen,
edler als das alte.
Demnächst muss die Dauer der Arbeit, wenigstens
ein Maximum, gesetzlich festgestellt werden, eine Wohltat, die selbst
dem Sklaven Amerikas zuteil wird ... Ebenso gut wie das Gesetz den
Sonntag zur Ruhe bestimmt, kann es den Feierabend feststellen ... Dass
eine gesetzliche Norm möglich und für die Erhaltung eines tüchtigen
Arbeiterstandes förderlich ist, lehrt der deutsche Bergbau. Die Schicht
ist von acht bis zwölf Stunden täglich festgesetzt ... Der
Knappschaftsverband sichert Unterstützung in Krankheitsfällen oder bei
Invalidität. Durch diese einfache Organisation erscheint der Stand
gesicherter und unabhängiger als wie jene Masse von Lohnarbeitern
anderer Gewerbe. Proletarier werden so nicht gebildet.
Früher bemerkten wir bereits, dass es untunlich
erscheint, den Fabrikherrn für den Unterhalt seiner Leute
verantwortlich zu machen. Allein die Pflicht könnte dringend nahe
gelegt werden, das System der wechselseitigen Unterstützung ... sowohl
in Krankheitsfällen als wie Invalidität unter ihnen einzuführen und
mit angemessenen Zuschüssen zu unterstützen. Sichert der Staat durch
Zollschutz die Herrn, dann geschehe auch einiges für die Diener.
Der Arme, welcher in den kleinsten Quantitäten
kauft, muss eben deshalb die teuersten Preise bezahlen. Diesem zu
begegnen, könnte der Fabrikant seine Arbeiter zu einem Vereine sammeln,
welcher die notwendigsten Bedürfnisse in größeren Massen anschaffte
und unter sich verteilte. Allein bei dieser nützlichen Einrichtung dürfte
der Arbeiter nicht aus der Hand in den Mund leben, sondern müsste eine
gewisse Voraussicht und Sparsamkeit besitzen, welche nur eine bessere
Volkserziehung gewährt ...
Nach jetzigen Verhältnissen leistet der Arbeiter
gewisse Dienste gegen einen gewissen Lohn, wobei noch strenge Aufsicht
stattfinden muss; weiter kümmert ihn weder die Wohlfahrt der Fabrik
noch des Unternehmers. Die Arbeitskraft tritt noch zu roh und ungebildet
auf, als dass eine engere Verbindung mit dem Kapitale möglich wäre.
Denken wir uns indessen eine sittlich gebildete Masse von Individuen,
dann könnte ein glückliches Verhältnis stattfinden. Außer den festen
Löhnen wäre der Arbeit ein Anteil an Gewinn zuzugestehen, und Fleiß
und Tätigkeit würden Wunder tun ... Das Verhältnis wäre nicht so
schwierig, als wie manchem erscheinen mag. Der Fabrikunternehmer steht
da als Monarch, die Arbeiter wie beratende Stände, von Jahr zu Jahr
einberufen ...
Das Kapital oder der Unternehmer brächte
eigentlich keine Opfer, denn der so gestellte Gehilfe arbeitete mehr und
besser ...
In solcher Weise würde es möglich, die Monopole
des Reichtums zu brechen, die dem Lande nur verderblich Früchte
bringen. Die Zeit wird kommen, wo bei manchen Gewerben unser Vorschlag
Eingang findet, denn der schroffe Gegensatz zu großem Überfluss und
Mangel wird täglich bedenklicher. Die Bevölkerung indessen, welche
einen solchen Versuch macht, muss eine menschlichere Erziehung genossen
haben, als wie die heutigen Proletarier der großen Industriellen.
zit. nach: Schaepler, E., Quellen zur Geschichte
der sozialen Frage in Deutschland. Göttingen 1955
|