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Man wird aber zum Schluß noch einmal unterstreichen müssen, daß nur auf dem
Umweg über die Ideologie die sozialen Ursachen der Revolution von Gewicht
geworden sind. Nicht der gesellschaftliche Notstand an sich, wohl aber das
Durchdrungensein von dem Bestehen eines Notstandes hat revolutionierend
gewirkt. Und dieses Aufmerksamwerden auf ein soziales Problem hat sich nicht
zuerst bei den Betroffenen, sondern bei den Betrachtenden gerührt. Wo immer
in Handwerker- und Gesellenvereinen, in Turnvereinen und Lesezirkeln während
der vierziger Jahre ein politisch-radikaler Einschlag zu spüren ist, da sind
es bürgerliche Intellektuelle, Journalisten und Advokaten, abgesprungene
Theologen und Buchhändler, die das Feuer entzünden. Die Demokratie ist nicht
eine Forderung des Arbeiterstandes gewesen, sondern die soziale Frage war
ein Bestandteil der bürgerlichen Demokratie. Die Zahl der Gesellen und
Handwerksmeister oder gar der Arbeiter in der Fabrik und Landwirtschaft,
welche eine aktive Kritik an den herrschenden Zuständen entwickelten, ist
sehr beschränkt gewesen. Wir kennen sie beinahe alle mit Namen oder finden
doch ihre Spur in den Listen der vormärzlichen Polizei, welche sich sogar
die Bestellerlisten der anrüchigen Zeitungen von kleinen Postämtern melden
ließ und daraus über die verborgensten Zellen der Opposition Bescheid wußte.
Wenn man im Zeitraum von 1815 und 1848 nach anonymen Massen Ausschau hält,
die das Geschehen unterirdisch bestimmt haben, so muß man sie weniger in
gewerblichen Kreisen als vielmehr im Bauernstand suchen. Dort ist in der Tat
ein sozialer Gärungsstoff angehäuft, der in spezifisch deutschen
Verhältnissen seinen Ursprung hat und auf verjährte Mißstände zurückgeht,
mit denen auch der aufgeklärte bürgerliche Obrigkeitsstaat ... nicht fertig
geworden ist.
Aus: Stadelmann, R., Soziale und
politische Geschichte der Revolution von 1848, Wissenschaftliche
Buchgesellschaft Darmstadt, Darmstadt 1962, S. 3
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