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Fragen:
Ordnen Sie die Vorgänge der Vertreibung im Sommer 1945 in die historische
Situation ein! Welche rechtliche Grundlage haben die Vertreibungen?
Beurteilen Sie die kursiv markierten Bewertungen der Zeitzeugin! Stellen Sie
die Rechtsauffassung der Tschechischen Republik dar (Recherche im
Internet)!Ich wohnte mit meinen drei Kindern in Freiwaldau,
Ostsudetenland. [...] Am 26. Juli 1945 kamen plötzlich drei bewaffnete
tschechische Soldaten und ein Polizist in meine Wohnung, und ich mußte dieselbe
binnen einer halben Stunde verlassen. Ich durfte gar nichts mitnehmen. Wir
wurden auf einen Sammelplatz getrieben und wußten nicht, was mit uns geschehen
wird. [...] Unter starker Bewachung mußten wir auf dem Sammelplatz viele
Stunden warten, gegen Abend wurden wir unter gräßlichen Beschimpfungen und
Peitschenschlägen aus dem Heimatort fortgeführt. Nach sechsstündigem Fußmarsch
mußten wir im Freien übernachten und wurden dann eine Woche lang in einem
primitiven Lager, einem Kalkwerk, festgehalten. Verpflegung gab es keine, und
wir mußten mit dem wenigen, was wir uns an Essen mitgenommen hatten, auskommen.
Es wurde uns immer noch nicht gesagt, was mit uns geschehen soll, bis wir am 2.
August 1945 zum Bahnhof mußten und auf offenen Kohlenwagen und Loren verladen
wurden. Vor Abfahrt des Transportes bekamen wir pro Eisenbahnwagen 1 Brot. Während
der Fahrt regnete es in Strömen, und wir wurden bis auf die Haut naß,
abgesehen davon, daß wir dabei Todesangst ausstehen mußten. Die Kinder wurden
krank, und ich wußte mir vor Verzweiflung bald keinen Rat.
Nach zwei Tagen wurden wir in Tetschen ausgeladen. Wir waren
hungrig und erschöpft und mußten in diesem Zustand den Weg bis zur
Reichsgrenze zu Fuß antreten. Wir wurden mit Peitschenhieben und Schreckschüssen
immer wieder angetrieben, und viele sind am Wege liegen geblieben. [...] Beim
zweiten Schlagbaum wurden unsere Ausweise von russischem Militär geprüft, und
dann waren wir für den weiteren Weg auf uns selbst gestellt. [...] Wir wurden
von einem Ort zum anderen gewiesen, bis wir endlich am 22. August 1945 eine
Unterkunft zugeteilt erhielten.
Mein Mann wurde im Juni 1946 als Schwerkriegsbeschädigter
aus der Kriegsgefangenschaft entlassen, und wir müssen hier, da wir vollständig
mittellos sind, in großer Not und Sorge unser Leben fristen. Die in der Heimat
zurückgelassenen Sparguthaben und andere Vermögenswerte betragen 112.000,- RM.
Ich und mein Mann waren in der Heimat nicht politisch tätig, und die
menschenunwürdige Ausweisung, durch die wir zu Bettlern gemacht worden sind,
ist ein himmelschreiendes Unrecht. Wir sehnen uns in unsere geliebte Heimat zurück
und hoffen, daß uns das geraubte Menschenrecht wiedergegeben wird.
Wolfgang Benz (Hg.), Die Vertreibung der Deutschen aus dem
Osten. Ursachen, Ereignisse, Folgen, Frankfurt a. M. 1995, S. 138f.
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