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Regelung der konfessionellen Verhältnisse im Reich
(1) Art. V: Bestätigung des
Passauer Vertrags und des Augsburger Religionsfriedens
§ 1. Der im Jahre 1552 zu
Passau geschlossene Vertrag sowie der wenig später im Jahre 1555
geschlossene Religionsfriede, der (zunächst) 1566 zu Augsburg und hernach
auf verschiedenen Reichstagen des Hl. Römischen Reichs bestätigt wurde, soll
mit allen seinen Artikeln (in der Form), in der diese mit einmütiger
Zustimmung des Kaisers, der Kurfürsten, Fürsten und Stände beider
Konfessionen angenommen und beschlossen wurden, als gültig anerkannt und als
heilig und unverletzlich eingehalten werden (rata habeatur,
sancteque et inviolabilita servetur).
Was aber hinsichtlich einiger
streitiger Artikel im gegenwärtigen Vertrag durch einstimmigen Beschluss der
Parteien festgelegt worden ist, soll als eine für immer gültige Auslegung
des besagten Friedens (pro perpetua dictae pacis declaratione)
angesehen werden, die sowohl bei Gericht als auch anderen Orts zu beachten
ist, bis man sich durch Gottes Gnade über die Religionsfragen verglichen
haben wird (convenerit), unbeschadet des von Geistlichen oder Laien
innerhalb oder außerhalb des Reiches zu irgendeiner Zeit erhobenen
Widerspruchs oder Protests, der kraft gegenwärtigen Vertrages insgesamt für
unwirksam erklärt wird.
In allen übrigen Punkten aber soll
zwischen sämtlichen Kurfürsten, Fürsten und Ständen beider Bekenntnisse
vollständige und gegenseitige Gleichheit (sit aequalitas exacta mutuaque),
wie sie der gesamten Verfassung des Reiches, den Reichsgesetzen und dem
gegenwärtigen Vertrag gemäß ist, herrschen, und zwar in der Weise, dass das,
was für den einen Teil Recht ist, auch für den anderen Teil Recht sein (quod
uni parti iustum est, alteri quoque sit iustum) und alle
Gewaltanwendung, wie überall so auch hier, zwischen beiden Parteien für
immer untersagt sein soll (violentia perpetuo prohibita).
§ 2 (Normaltag) Der Stichtag
für die Restitution in geistlichen Angelegenheiten sowie für das, was als
deren Folge in den weltlichen Angelegenheiten verändert wurde, soll der 1.
Januar 1624 sein. Es soll daher die Wiedereinsetzung aller Kurfürsten,
Fürsten und Stände beider Konfessionen unter Einschluss der freien
Reichsritterschaft sowie der reichsunmittelbaren Städte und Dörfer
vollständig und ohne jeden Vorbehalt geschehen, wobei alle in der
Zwischenzeit in diesen Angelegenheiten ergangenen, veröffentlichten und
vollzogenen Urteile, Verfügungen, Vergleiche, Verträge, Zuwendungen und
andere Rechtsgeschäfte sowie alle Vollstreckungen als unwirksam anzusehen
sind und alles auf den Stand des vorerwähnten Jahres und Tages
zurückzuführen ist.
§ 1 Bestätigung aller Rechte
„Damit aber Vorsorge getroffen sei, dass künftig keine Streitigkeiten in
Bezug auf die Verfassung entstehen (in statu politico) sollen sämtliche
Kurfürsten, Fürsten und Stände des Römischen Reiches in ihren alten Rechten,
Vorrechten, Freiheiten, Privilegien, der ungehinderten Ausübung der
Landeshoheit sowohl in geistlichen als auch in weltlichen Angelegenheiten (libero
iuris territorialis tarn in ecclesiasticis quam politicis exereitio),
Herrschaften, Regalien sowie in deren Besitz kraft dieses Vertrages derart
bestätigt und bekräftigt werden, dass sie von niemandem jemals unter
irgendeinem Vorwand tatsächlich beeinträchtigt werden können oder dürfen.
§ 2 Rechte der Reichsstände
Ohne jede Einschränkung sollen sie das Stimmrecht bei allen
Beratungen über Reichsgeschäfte haben, namentlich, wenn Gesetze zu erlassen
oder auszulegen, Kriege zu beschließen, Abgaben vorzuschreiben, Werbungen
oder Einquartierungen von Soldaten zu veranlassen, neue Befestigungen
innerhalb des Herrschaftsgebietes der Stände im Namen des Reiches zu
errichten oder alte mit Besatzungen zu versehen, Frieden oder Bündnisse zu
schließen oder andere derartige Geschäfte zu erledigen sind; nichts von
diesen Angelegenheiten soll künftig jemals geschehen, ohne dass die auf dem
Reichstag versammelten Reichsstände freiwillig zugestimmt und ihre
Einwilligung gegeben haben (nisi de comitiali liberoque omnium imperii
statuum suffragio et consensu).
Insbesondere aber soll den einzelnen
Ständen das Recht zustehen, unter sich oder mit Auswärtigen zu ihrer
Erhaltung und Sicherheit Bündnisse zu schließen, jedoch in der Weise, dass
sich solche Bündnisse nicht gegen den Kaiser, gegen das Reich und dessen
Landfrieden oder insbesondere gegen diesen Vertrag richten, vielmehr so
beschaffen sind, dass der Eid, durch den jeder von ihnen Kaiser und Reich
verpflichtet ist, in allen Teilen unberührt bleibt (cumprimis vero ius
faciendi inter se et cum exteris foedera pro sua cuiusque conservatione ac
securitate singulis statibus perpetuo liberum esto, ita tarnen ne eius modi
foedere sint contra imperatorem et Imperium pacem que eius publicam vel hanc
imprimis transactionem fiantque salvo per omnia iuramento quo quisque
imperatori et imperio obstric-tus est).”
Wichtig für die Mitbestimmung der
Reichsstände war die Aufnahm der Reichsstädte unter die Reichsstände. Dies
findet sich in § 4 XPO.
§ 4 Stimmrecht der Reichsstädte
„Sowohl auf den allgemeinen als auch auf den besonderen Versammlungen der
Reichsstände soll den freien Reichsstädten nicht weniger als allen übrigen
Reichsständen das volle Stimmrecht zustehen und es sollen ihre Regalien,
Zölle, jährlichen Einkünfte, Freiheiten sowie sämtliche davon abgeleiteten
Rechte sowie andere Rechte , die sie von Kaiser und Reich auf rechtmäßige
Weise erworben oder vor den Kriegshandlungen durch lange Übung
einschließlich jeder Art von Gerichtsbarkeit erlangt, innegehabt und
ausgeübt haben, innerhalb der Mauern und auf ihrem Gebiet, als gültig
anerkannt werden und unberührt bleiben; was aber an Repressalien,
Beschlagnahmen, Wegsperren und anderen Schädigungshandlungen entweder
während des Krieges unter irgendeinem Vorwand begangen oder auf andere Weise
rechtswidrig versucht worden ist, oder in Zukunft ohne vorheriges
ordentliches Prozess- und Vollstreckungsverfahren begangen oder versucht
werden sollte, soll aufgehoben, für nichtig erklärt und für alle Zukunft
untersagt sein. Im übrigen sollen alle anerkannten Gewohnheiten, Gesetze und
die Reichsgrundgesetze des Heiligen Römischen Reiches gewissenhaft befolgt
werden und sämtliche durch die Kriegswirren eingerissenen Missbräuche
aufgehoben sein.”
„§ 1 Nachfolge im Bistum Osnabrück
Da das herzogliche Haus Braunschweig und Lüneburg zur Förderung und
Sicherung des allgemeinen Friedens das Koadiutorium im Erzbistum Magdeburg
und Bremen sowie im Bistum Halberstadt und Ratzeburg unter der Bedingung
abgetreten hat, dass ihm unter anderem zusammen mit den Katholiken das
alternative Besetzungsrecht im Bistum Osnabrück zugestanden wird, bewilligt
und gestattet die Kaiserliche Majestät, nachdem sie es angesichts des
gegenwärtigen Zustandes des Heiligen Römischen Reiches keineswegs für
vertretbar erachtet, dieserhalb den allgemeinen Frieden längst
hinauszuschieben, daß dieser Wechsel in der Besetzung des vorerwähnten
Bistums Osnabrück künftig zwischen katholischen Bischöfen und Bischöfen der
Augsburgischen Konfession, die jedoch sämtlich aus dem Hause der Herzöge von
Braunschweig und Lüneburg, solange dieses besteht, zu wählen sind, in der
nachfolgenden Weise und unter den nachfolgend erwähnten Bedingungen
stattzufinden hat.
§ 4 Religiöse Verhältnisse im
Bistum Osnabrück Drittens soll das Verhältnis beider Bekenntnisse, der
Zustand der Kirchengemeinde und der ganzen Geistlichkeit sowohl in der Stadt
Osnabrück als auch in den übrigen zu diesem Bistum gehörenden Herrschaften,
Städten, Höfen, Dörfern und allen anderen Orten in den Zustand
zurückversetzt werden, der am 1. Januar 1624 bestanden hat; dies jedoch in
der Weise, dass zuvor wegen der im Jahre 1624 in Bezug auf die Diener des
göttlichen Wortes und des Gottesdienstes vorgenommenen Veränderungen eine
genaue Regelung getroffen und eine Verordnung erlassen wird, die zum
Bestandteil der vorerwähnten Kapitulation gemacht werden soll. Außerdem soll
der Herr Bischof bei Gelegenheit der Huldigung durch schriftlichen Revers
den Ständen und seinen Untertanen garantieren, dass er ihre Rechte und
Freiheiten und was sonst wegen der künftigen Verwaltung des Bistums und
wegen der Sicherheit der Stände und Untertanen für notwendig erachtet wird,
unberührt lassen wolle.
§ 6 Alternative Besetzung des
Bistums Osnabrück „Sollte aber Herzog Ernst August nach dem Tode des
jetzigen Bischofs nicht mehr am Leben sein, soll das Kapitel einen
Nachkommen Herrn Herzogs Georg von Braunschweig und Lüneburg zu seinem
Bischof wählen und zwar in der Weise, dass die in der angenommenen
Wahlkapitulation enthaltenen Vorschriften stets eingehalten werden. Sollte
aber auch dieser sterben oder Verzicht leisten, so soll das vorerwähnte
Kapitel entweder durch Wahl oder durch Postulation einen katholischen
Bischof bestimmen. Sollten die Kanoniker aber bei dieser Gelegenheit
fahrlässig handeln oder uneins sein, ist nach den Vorschriften des
kanonischen Rechtes und der bisherigen Gewohnheiten in Deutschland
vorzugehen, die beständige Wahlkapitulation wie auch dieser Vertrag jedoch
unberührt und die alternative Nachfolge zwischen den aus der Mitte des
Kapitels oder von außen zu postulierenden katholischen Bischöfen und
Bischöfen der Augsburgischen Konfession – bei diesen jedoch ausschließlich
Nachkommen der Familie des erstgenannten Herzogs Georg – für immer aufrecht
zu lassen; dies in der Weise, dass wenn mehrere Fürsten vorhanden sind, der
Bischof aus dem Kreis der jüngeren erwählt und postuliert, falls keine
jüngeren vorhanden sind, aus dem Kreis der regierenden Fürsten genommen
werden soll. Sollten aber auch diese fehlen, sollen die Nachkommen des
Herzogs August gemäß der oben bezeichneten dauernden Alternation zwischen
ihnen und den Katholiken die Nachfolge antreten.“
§ 7 Religiöse Verhältnisse im
Bistum „Fünftens: Es sollen nicht allein der vorerwähnte Herzog Ernst
August, sondern sämtliche Angehörigen des Hauses der Herzoge von
Braunschweig und Lüneburg, soweit sie der Augsburgischen Konfession
angehören, in diesem Bistum alternativ nachfolgen, und sollen das
Bekenntnis, die Kirchengemeinden und gesamte Geistlichkeit sowohl in der
Stadt Osnabrück als auch in den übrigen zu diesem Bistum gehörenden
Herrschaften, Städten, Höfen, Dörfern und anderen Orten schützen und
bewahren, wie dies oben in Artikel III sowie in der beständigen
Wahlkapitulation bestimmt worden ist.”
§ 2 Der Friede als Grundgesetz des
Hl. Römischen Reiches „Zur größeren Gewähr und Sicherheit sämtlicher
Bestimmungen soll der gegenwärtige Vertrag als ein dauerndes
Verfassungsgesetz des Reiches (perpetua lex et pragmatica imperii sanctio)
wie alle anderen Gesetze und Grundgesetze des Reiches (leges et
constitutiones fundamentales imperii) ausdrücklich dem nächsten
Reichsabschied und der nächsten kaiserlichen Wahlkapitulation einverleibt
werden und für alle gegenwärtigen, geistlichen wie weltlichen Personen, sie
seien Reichsstände oder nicht, gleichermaßen verbindlich sowie den
kaiserlichen Räten und den Räten und Dienern der Städte, auch den Richtern
und Beisitzern aller Gerichte als eine für immer zu beachtende Vorschrift
vorgeschrieben sein.”
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