Wilhelms II. an Philipp Eulenburg

   vom 20. August 1897  (Brief)

Tirpitz hat zunächst ein großes Bureau konstruiert, was direkt, teils durch Mittelspersonen, gegen 1000-1500 Zeitungen und Blätter mit Maritima versorgt. In den großen Universitätsstädten ist überall das sehr bereitwillig entgegenkommende Professorenelement gewonnen für Mitwirkung, durch Wort, Schrift und Lehre, das Verständnis für die Daseinsberechtigung einer Flotte zu stärken. Ferner hat Tirpitz seinen Aufenthalt in St. Blasien benutzt, Onkel Fritz von Baden sich zu nähern und ihm Vorträge zu halten. Der Effekt derselben ist gewesen, daß der wie ein großer Teil unserer Fürsten und Völker völlig nichts ahnende und verstehende Großherzog so überrascht gewesen ist von der Kleinheit der Forderung, dem entsetzlichen Zustand der aktuellen Lage und der nationalen Notwendigkeit des Durchgehens dieses Gesetzes, daß er ein glühender Verfechter Meiner durch Tirpitz in Praxis umgesetzten Ideen geworden ist. Der Admiral kam mit der Message von Onkel an mich, daß er erfüllt sei von der Richtigkeit meiner Pläne und mit seiner ganzen Person uns in dem" Kampf um die Flotte" (sic!) beistehen und helfen wolle. Er werde die badische Presse dirigieren, er werde aber noch mehr, "sämtlichen Reichsfürsten" ungesäumt klarmachen, daß es "ihre Pflicht und Schuldigkeit" sei, den Kaiser hierbei zu unterstützen. Und sollte das dadurch in Erscheinung treten, daß sämtliche Bundesratsgesandten im Parlamente energische Erklärungen abgeben sollen, welche demselben jeden Zweifel darüber benehmen sollen, daß die vereinigten Fürsten nicht hinter dem Kaiser stünden!! Jagemann werde dahin instruiert! Tirpitz geht von hier nach Friedrichsruh, um mit dem "alten bösen Mann" wegen des Stapellaufes zu sprechen, von da nach München, Stuttgart, Darmstadt, um auch dort Vorträge an die Fürsten zu halten und dieselben zu orientieren; Onkel Fritz hat ihm überall Empfehlungen mitgegeben und will auch für die Besuche das Terrain vorbereiten.

So weit Tirpitz und die deutschen Fürsten. Du siehst daraus, wenn solche Fürsprache in Aussicht steht, ich meinen Schnabel natürlich halten und nur zum Essen und Trinken und Rauchen benutzen werde! Welch herrliche Saat fängt an aufzugehen und weicher Lohn Gottes für alle die Mühen und Sorgen und den Kummer, den ich auf diesem Gebiet gelitten habe. Was nun die Behandlung der Marine im Ministerium betrifft, so ist im allgemeinen Einigkeit da! Aber noch eine große Portion Angst vor Kämpfen und vor Abgeordneten ete.

Zit. nach B. Fürst von Bülow: Denkwürdigkeiten, S. 137f.