Entnazifizierung


Karikatur: Stury-Karikatur zur Entnazifizierung, 1948

 

Die Entnazifizierung wird in den einzelnen Besatzungszonen sehr unterschiedlich durchgeführt. In der sowjetischen Besatzungszone ist sie mit einem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbau im sozialistische Sinne verbunden. Bis 1947 werden über 500.000 Personen aus ihren Stellungen entfernt und durch Kommunisten ersetzt. In Speziallagern der sowjetischen Geheimpolizei werden außer NS-Verbrechern auch Denunzierte und Gegner der SED eingesperrt.

In der US-Zone wird die Entnazifizierung zunächst sehr streng durchgeführt: Die Betroffenen werden in 5 Kategorien eingestuft und entsprechend verurteilt. Als die USA dann im Zuge des Kalten Krieges die Entnazifizierung in ihrer Zone zum 31. März 1948 einstellen, sind häufig Verfahren gegen schwerer Belastete noch nicht abgeschlossen. Viele Schuldige entgehen so ihrer gerechten Strafe. Engländer und Franzosen nehmen die Entnazifizierung vor allem nach pragmatischen Gesichtspunkten vor: Der Wiederaufbau von Verwaltung und Wirtschaft hat Vorrang vor der politischen Überprüfung.

 

 
Probleme der Entnazifizierung
 
Obwohl das "Unternehmen Entnazifizierung" früh beschlossen und generalstabsmäßig geplant und vorbereitet wurde, traten schon bald gravierende Schwierigkeiten auf.
Zum einen kann man aus heutiger Sicht wohl getrost sagen, dass die Untersuchungen im Rahmen der Entnazifizierung zu großflächig angelegt wurden. Die Gruppe der zu Verurteilenden war bei weitem zu groß, so dass die ermittelnden Besatzungsmächte mit einer wahren Prozessflut konfrontiert wurden: "Statt rücksichtslos und schnell die relativ kleine Gruppe der führenden Nazis auszuschalten, die Masse der Mitläufer für die propagierte neue Ordnung zu gewinnen, wurden alle Parteigenossen über einen Kamm geschoren. Hunderttausende politisch bedeutungsloser Deutscher wurden aus ihren beruflichen Stellungen gejagt..." (aus: "Stunde Null in Deutschland" von Trees/Whiting/Omansen/Ruhl/Thies/von Daak) Erschwerend kam noch hinzu, dass für jene Prozesse nur eine bescheidene Anzahl an juristisch qualifiziertem Personal zur Verfügung stand. Eine schnelle Abwicklung des Entnazifizierungsverfahrens wurde dadurch unmöglich gemacht. Um die Spruchkammern zu besetzen, hatten sich die Besatzungsmächte unbelastete Personen "herausgepickt", wie es eine Zeitzeugin formulierte. Trotzdem war das Ansehen jener Institutionen in der Bevölkerung ziemlich gering - die "Richter" waren eben doch nur Laien. Diese mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung führte dazu, daß sich kaum jemand mit "reiner" Vergangenheit freiwillig zum Dienst in einer Spruchkammer meldete. So griffen die Alliierten schließlich zu Zwangsverpflichtungen von freiberuflichen Juristen zum ungeliebten Spruchkammerdienst.
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Selbstverständlich trat mitunter auch das genaue Gegenteil ein. Belastete Personen konnten sich durch Aussagen von Zeugen oder mit Hilfe eidesstattlicher Erklärungen, welche "Persil-Scheine" genannt wurden, aus der Affäre ziehen. So vermochten sich viele Personen im wahrsten Sinne des Wortes "reinzuwaschen".

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