Weimarer Verfassung

Vorgeschichte

Trotz der Januarkämpfe 1919 können Wahlen zur gesetzgebenden Nationalversammlung stattfinden. Die Wahlergebnisse zeigen eine Ablehnung der radikalen Parteien:

SPD 37,9% 163 Abgeordnete
Z 20,0% 90 Abgeordnete
DDP 18,5% 75 Abgeordnete
DNVP 10,3% 42 Abgeordnete
USPD 7,6% 22 Abgeordnete
DVP 4,4% 22 Abgeordnete

Die Nationalversammlung wird am 6. Februar in Weimar eröffnet; in Weimar, da in Berlin immer noch Unruhen herrschen.

Am 10. Februar 1919 wird das "Gesetz über die vorläufige Reichsgewalt" verabschiedet, das die wesentlichen Verfassungsorgane der Republik schafft:

  • Nationalversammlung: Legislative, sie hat die Aufgabe, eine Verfassung zu schaffen.

  • Staatenausschuss: Vertretung der einzelnen Staaten (späterer Reichsrat)

  • Reichspräsident: Exekutive

Da die SPD keine absolute Mehrheit erreichen konnte, geht sie eine Koalition, die sog. Weimarer Koalition mit den bürgerlich-bäuerlichen Parteien (DDP, Z) ein, unter dem SPD-Reichskanzler Philipp Scheidemann. Zwei Tage zuvor wurde Friedrich Ebert zum ersten Reichspräsidenten gewählt. (11.Februar 1919).

Innerhalb der Nationalversammlung gibt es Meinungsverschiedenheiten, die nicht ausgeräumt werden können:

  • SPD: will wirtschaftliche und soziale Reformen, die nicht umgesetzt werden können, da die DDP die drohenden Beeinträchtigungen des Privateigentums nicht akzeptiert.

  • SPD strebt eine demokratische Republik an.

  • DVP und DNVP setzen sich als Ziel, die Wiederaufrichtung des Kaiserreichs, da dies sich ihrer Ansichten nach die einzig möglichen Staatsform darstellt.

  • BVP will die Absplitterung Bayerns von Reich.

Mit der Erarbeitung des Verfassungsentwurf wird Hugo Preuß von dem Soziologen Max Weber und Friedrich Ebert beauftragt. Folgenden Problemen sieht er sich ausgesetzt:

  • Das Verhältnis zwischen dem Reich und den Ländern

  • Kein Monarch als Staatsoberhaupt

  • Einige Teile der Bevölkerung sind gegen die Demokratie, da sie diese nicht gewöhnt sind.

 

  Inhalte

Die Verfassung lässt sich in vier Teile teilen: Grundrechte und Grundpflichten, Verhältnis Reich-Länder, Wahlsystem und Volksabstimmung, Reichspräsident und Reichsregierung.

1. Grundrechte und Grundpflichten der Deutschen:

  • Die Grundrechte sind: Gleichheit aller vor dem Gesetz, Freizügigkeit, Freiheit der Person, das Recht der freien Meinungsäußerung, die Glaubens- und Gewissensfreiheit, das Recht der freien Religionsausübung, das Petitionsrecht, die Vereins- und Versammlungsfreiheit, die Unverletzlichkeit der Wohnung, Briefgeheimnis

  • Die Grundrechte werden als nicht so wichtig angesehen wie heute, da in wichtigen Angelegenheiten die Grundrechte ohne Bedeutung sind.

  • Jeder Deutsche hatte Pflichten zu übernehmen:

  • Die Pflicht, "nach Maßgabe der Gesetze [...] ehrenamtliche Tätigkeiten" zu übernehmen.

  • Die Pflicht, für den Staat "persönliche Dienste zu leisten" (z.B. Wehrdienst)

2. Verhältnis Reich-Länder

  • Die Staaten des Reiches werden zu Ländern, was bedeutet, dass sie ihre Souveränität verlieren.

  • Die Länder behalten zwar die Landesregierung und den Landtag, aber das Reich vereinnahmt wichtige Bereiche.

  • Die Länder haben zwar ihre Vertreter im Reichsrat, allerdings ist dieser sehr schwach und ist kaum an der Gesetzgebung beteiligt.

3. Wahlsystem und Volksabstimmung

  • Allgemeine, gleiche, direkte, geheime Wahlen

  • Männer und Frauen über 20 sind wahlberechtigt.

  • Sie wählen nach dem Verhältniswahlrecht.

  • Das Volk kann an wichtigen Entscheidungen durch die Volksabstimmung teilhaben. Es kann den Reichspräsidenten wählen und durch Artikel 73 einem vom Reichstag beschlossenen Gesetz zustimmen oder dieses ablehnen.

4. Reichspräsident und Reichsregierung

Durch die Verfassung bekommt der Reichspräsident die Stellung, die früher der Monarch inne hatte. Der Reichspräsident wird daher auch "Ersatzkaiser" genannt.

  • Die Rechte des Reichspräsidenten sind:

  • Durch Art. 48, dem Notstandsparagraph, ist er an der Gesetzgebung durch beteiligt, Diktator auf Zeit (außerordentlicher Notstand Art. 48) und hat das Recht der Reichsexekution.

  • Er kann den Reichstag auflösen (Art. 25).

  • Er kontrolliert die Regierung (Art. 53) durch Ernennung und Entlassung von Kanzler und Ministern.

  • Er ist Oberbefehlshaber aller Streitkräfte (Art. 47).

  • Er wird direkt vom Volk für sieben Jahre gewählt und kann beliebig oft wiedergewählt werden.

Die Reichsregierung hat eine schwache Stellung, da sie vom Reichstag durch das einfache Misstrauensvotum und vom Reichspräsident durch dessen Vertrauen abhängig ist.

 

Bewertung

Folgende Punkte beeinflussten die spätere Entwicklung des Reiches negativ:

  • Die Spaltung der Legislativen (Reichstag, Reichspräsident, Reichsrat, Volk)

  • Die zu starke Stellung des Reichspräsidenten (Art. 48)

  • Die Regierung ist durch ihre oben genannte doppelte Abhängigkeit zu schwach.

  • Das Verhältniswahlrecht begünstigt kleine und kleinste Parteien. Das Problem hierbei sind die großen Unterschiede der jeweiligen Interessen, das eine Koalitionsbildung erschwert.

  • Die Volksabstimmungen haben zur Folge, dass das Volk zu stark am politischen Prozess beteiligt ist.

Trotz der negativen Bestimmungen der Verfassung ist die Verfassung im Ganzen durchaus brauchbar. Der politischen Situation war sie allerdings wenig angemessen.

 

Verwendete Literatur:

Walter Göbel; Abiturwissen der Weimarer Verfassung; Klettlerntraining; 12. Auflage Stuttgart 1999
Feldmeier, Gigl, Kleber; Abiturtraining Geschichte Grundkurs 12; Stark Verlag; 4. Auflage 1993
Wege durch die Geschichte 4; Cornelsen; Berlin 1988
Berg, Selbmann; Grundkurs deutsche Geschichte 2 1918 bis zur Gegenwart; Hirschgraben; Frankfurt Main 1987

Regina Riedelsheimer

Hugo Preuß

radikale Demokratie

Misstrauensvotum

Verhältniswahlrecht

Zentralismus

Nationalversammlung

Staatenausschuss

Friedrich Ebert

Parteien

Philipp Scheidemann 

Verfassungsskizze

die Parteienlandschaft der Weimarer Republik