Ereignisse
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Eine erste Wanderung
war für die Römer um 115 v.Chr. feststellbar, als die Stämme der Cimbern
und Teutonen (intern) die Alpen überschritten und das Römische Reich
erreichten. Sie wurden von Marius vollständig (mehr als 300000
Menschen) vernichtet.
Unter Caesar tauchte
ein Germanenstamm unter Ariovist westlich des Rheins auf, wird
allerdings zurückgeschlagen. Die anschließende Eroberung der gebiete
zwischen Rhein und Elbe (Siedlungsgebiet der Germanen) gelang nicht. Die
Römer verschanzten sich defensiv hinter Schutzanlagen (= Limes).
Ab etwa der Mitte des
2. Jahrhunderts n. Chr. zogen die Goten, die von Skandinavien
an die untere Weichsel gekommen waren, in den Schwarzmeerraum und
lösten damit die erste größere germanische Wanderungsbewegung aus:
Sie drängten die Wandalen und die Markomannen nach Süden ab und die
Burgunder nach Westen. Ebenfalls ab der Mitte des 2. Jahrhunderts
wanderten die Langobarden von der Unterelbe allmählich nach Mähren und
Pannonien ab.
Seit Beginn ihrer großen
Wanderungen überschritten germanische Stämme – zunächst meist noch
ohne nachhaltige Wirkung – immer wieder die Grenzen des Römischen
Reiches; so drangen z. B. die Chatten um 160 über den Limes und
die Markomannen 166 über die Donau
vor; die Goten unternahmen um die Mitte des 3. Jahrhunderts von der
unteren Donau aus Raubzüge bis nach Makedonien und Kappadokien, und
etwa gleichzeitig fielen die Franken am
Niederrhein in Gallien ein und die Alemannen in Norditalien.
Während der folgenden 100 Jahre lassen sich keine markanten
Völkerverschiebungen beobachten; verschiedene Germanenstämme wurden
als Bundesgenossen (Foederaten) an den römischen Grenzen angesiedelt,
und einige Germanen gelangten in Heer und Verwaltung des Römischen
Reiches zu einflussreichen Positionen. Die Legionen Roms bestanden zu
großen Teilen aus germanischen Söldnern. Diese trugen die Kunde der
Zivilisation Roms und die technischen Leistungen in die
unterentwickelten germanischen Gebiete.
Die zweite (und eigentliche)
Völkerwanderung wurde ausgelöst durch den Vorstoß der Hunnen nach
Europa. In der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts drangen die
Hunnen nach Südrussland vor und verursachten damit Fluchtbewegungen
mehrerer germanischer Stämme und Völkerschaften, die sich wellenartig
über Süd- und Westeuropa ausbreiteten.
375 besiegten die Hunnen die Ostgoten
und verdrängten die Westgoten. Die Westgoten
wichen ins Oströmische Reich aus, fügten 378 Kaiser Valens bei
Adrianopel eine Niederlage zu, zogen dann durch den Balkan und die
Peloponnes, fielen Ende des 4. Jahrhunderts unter ihrem König
Alarich I. in Italien ein und nahmen 410 Rom ein. Anschließend
zogen sie nach Gallien, errichteten dort im Südwesten das Tolosanische
Reich (benannt nach der Hauptstadt Tolosa = Toulouse) und begannen auch
auf die Iberische Halbinsel überzugreifen. Unter Eurich erreichte das
Tolosanische Reich um 475 den Höhepunkt seiner Macht und seine größte
Ausdehnung. Eurichs Nachfolger Alarich II. wurde 507 von den
Franken besiegt und auf die Iberische Halbinsel als Herrschaftsbereich
beschränkt; mit dem Sieg der Araber über die Westgoten 711 endete das
Westgotenreich in Spanien. Den weiteren Vormarsch der Araber stoppte
Karl Martell.
Die Wandalen,
ursprünglich wahrscheinlich aus Jütland stammend und von den Goten in
das Gebiet zwischen oberer Weichsel und Oder abgedrängt, drangen zu
Beginn des 5. Jahrhunderts zusammen mit Teilen der Sweben in
Gallien ein und erreichten um 409 die Iberische Halbinsel; ab 429
wanderten sie, von den Westgoten bedrängt, unter ihrem König Geiserich
nach Nordafrika ab, eroberten 439 Karthago und begründeten das
Wandalenreich. 455 plünderten die Wandalen Rom, und 456 eroberten sie
Korsika und Sardinien. 534/35 zerschlug der byzantinische Feldherr
Belisar das Wandalenreich in Nordafrika.
Unterdessen hatten die Hunnen
ihren Herrschaftsbereich sukzessive erweitert; Mitte des
5. Jahrhunderts reichte er vom Kaukasus bis zu Donau und Rhein.
Unter Attila fielen sie in Gallien ein, wurden 451 von Römern,
Franken, Burgundern und Westgoten auf den Katalaunischen Feldern
geschlagen und wichen 452 nach Italien aus. Nach Attilas Tod 453 zerfiel
das Hunnenreich.
Im 5. Jahrhundert drangen
die Franken am Niederrhein nach Gallien ein und besiegten unter ihrem
König Chlodwig 486 den weströmischen Heermeister Syagrius und
beseitigten damit die Reste römischer Herrschaft in Gallien. 496
besiegten sie die Alemannen, 507 die Westgoten, 532 die Thüringer, und
zwischen 532 und 534 brachten sie schließlich das Burgunderreich unter
ihre Herrschaft.
Die germanischen Jüten,
Angeln und Sachsen wanderten um die Mitte des
5. Jahrhunderts in Britannien ein und besetzten große Teile des
Landes, das bereits vorher von den Römern geräumt war. . 476
setzte der Germane Odoaker den letzten weströmischen Kaiser Romolus
Augustulus ab und ließ sich zum König in Italien proklamieren; 477
nahm er den Wandalen Sizilien ab. 489 besiegten die Ostgoten
unter Theoderich dem Großen Odoaker und errichteten in Italien das
Ostgotenreich. 552 schlug der byzantinische Feldherr Narses die Ostgoten
unter Totila und beendete damit das Ostgotenreich in Italien.
568 fielen die Langobarden
von Pannonien aus unter ihrem König Alboin in Norditalien ein und
errichteten hier, ohne dass Byzanz es verhindern konnte, das
Langobardenreich, das bis zur Eroberung durch Karl den Grossen Bestand
hatte.
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Wertung
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Die germanische Völkerwanderung
veränderte das Gesicht des spätantiken Europa grundlegend: Die
germanischen Stämme verlagerten sich nach Westen und Süden, und in den
dadurch frei werdenden Raum in Mittel- und Osteuropa drängten slawische
Völker nach. Die West- und Südwanderung der Germanen trug entscheidend
zum Untergang des Weströmischen Reiches bei und mündete in der
Herausbildung neuer, germanisch dominierter Staatswesen auf dem Boden
des ehemaligen Weströmischen Reiches. Obwohl von all den neu
errichteten Staaten nur dem Westgoten-, dem Langobarden-, dem
angelsächsischen und vor allem dem Frankenreich eine längere Dauer
beschieden waren, prägten die Bevölkerungsverschiebungen doch
nachhaltig die politische, soziale und kulturelle Struktur des
mittelalterlichen Europa. |
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